Montag, 10. November 2014

Chodorkowski Newsletter | November 2014

10. November 2014

Michail Chodorkowski macht sich für politische Gefangene in Russland stark
Das zweite Online-Forum „Offenes Russland“ unter dem Titel „Politische Gefangene 2.0: Gibt es legale Wege des Protests?“ fand am 29. Oktober statt, dem Vortag des Gedenktages für die Opfer politischer Repressionen in Russland. Zu den Teilnehmern zählten Michail Chodorkowski, David Satter, Wladimir Aschurkow, Sergej Gurijew, Alexander Tscherkasow, Sergej Nikitin und Wladimir Akimenkow.
Im Rahmen des Forums kündigte Chodorkowski die Zusammenarbeit des Bündnisses „Offenes Russland“ mit Alexei Nawalny an. Für 50 Opfer politischer Verfolgung durch russische Gerichte gibt es Entschädigungszahlungen in Höhe von 100.000 Rubel, die im Verlauf des Jahres 2015 ausgezahlt werden sollen.
„Inhaftierungen ziehen zunächst und vor allem Kosten für Güter des täglichen Bedarfs und Lebensmittel nach sich, da ein zwar übergangsweiser, aber häufig sehr langer Einkommensverlust erlitten wird“, erklärte Chodorkowski. „Über die Jahrzehnte der Repression hat man sich daran gewöhnt, dass es für einen Russen fast schon zum guten Ton gehört, im Laufe seines Lebens einige Zeit im Gefängnis zu verbringen. Je mehr wir über die Menschen sprechen, die willkürlich inhaftiert werden, desto eher wird sich diese öffentliche Wahrnehmung ändern.“

Ansprache auf dem Oslo Freedom Forum
Am 22. Oktober hielt Michail Chodorkowski auf dem Oslo Freedom Forum (OFF) eine bewegende Ansprache über die anhaltenden Unrechtstaten gegen politische Gefangene in Russland. Menschenrechtskämpfer aus aller Welt treffen sich jährlich zum OFF, um ihre Geschichten zu erzählen, Ideen zusammenzutragen, Initiativen ins Leben zu rufen und Momente des Beistands und der Solidarität zu erleben, angesichts willkürlicher Machtdemonstrationen, die Tag für Tag rund um den Globus geschehen.
In seiner Rede rief Chodorkowski das Publikum zum Protest auf und bat darum, niemals die Menschen zu vergessen, die für ihre Überzeugungen ihre Freiheit aufgeben: „Was können wir für die politischen Gefangenen in Russland tun? Wir können der Welt erzählen, für welche Werte die Menschen, die am 6. Mai auf dem Bolotnaja-Platz zusammenkamen, eintraten. (…) Für mich sind das Freiheit, Vaterlandsliebe und ein Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft unseres Landes.“
Chodorkowski nahm in Oslo auch an einem von Civita organisierten Breakfast-Panel teil, zu dem er gemeinsam mit dem chinesischen Dissidenten Yang Jianli und der im Iran geborenen Schriftstellerin Marina Nemat erschien, die beide jahrelang als politische Gefangene inhaftiert waren.
Ein Video mit der vollständigen Rede Chodorkowskis auf dem Oslo Freedom Forum finden Sie hier. Ein Video des Civita Breakfast-Panels gibt es hier.

Rede auf dem Forum 2000 in Prag
Anfang Oktober besuchte Chodorkowski Prag und nahm dabei an der jährlichen Konferenz Forum 2000 teil. In seiner Eröffnungsansprache merkte er an: „Die politischen Aktivisten von heute sind im Wesentlichen der Anker der russischen Demokratie, ihr Kampf verdient Unterstützung und Anerkennung der Klasse, deren Interessen sie so tapfer verteidigen.“
Zu den Highlights seiner Ansprache gehörten seine Zurückweisung der Idee, dass eine russische Isolation über die Mauern des Kreml hinaus besteht, und sein Argument, dass die beste Möglichkeit für ein besseres Verständnis und einen Dialog zwischen Russland und dem Westen für die westlichen Demokratien darin besteht, die Beziehung zu Russland von der Warte moralischer Werte aus anzugehen.
Während seines Besuchs in der Tschechischen Republik gab Chodorkowski außerdem ein Interview mit anschließender Gesprächsrunde in der Václav-Havel-Bibliothek, das vom Journalisten und Kuratoriumsvorsitzenden der Bibliothek Jan Macháček geführt wurde.
Weitere Informationen über die Eröffnungsansprache Chodorkowskis auf dem Forum 2000 finden Sie hier. Ein Video des Interviews in der Václav-Havel-Bibliothek findet sich hier.
Eröffnung der Freedom House Awards
Am 1. Oktober hielt Chodorkowski auch den Eröffnungsvortrag im Rahmen des Galadinners der jährlichen Freedom House Awards in Washington DC. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung europäischer Werte für das heutige Russland: „Eine Rückkehr zu den europäischen Werten, die die Grundlage der euro-atlantischen Zivilisation bilden – also eine mentale und politische Rückkehr –, ist der Ausgangspunkt für eine neue politische Richtung, die es Russland ermöglichen könnte, sich aus der historischen Sackgasse, in der es sich derzeit befindet, zu befreien. Für Russland gibt es jetzt nur zwei mögliche Marschrichtungen – vorwärts in eine postindustrielle Ära zusammen mit Europa oder zurück ins Mittelalter, und von da aus direkt in die komplette Nichtexistenz.“
Weitere Informationen zum Freedom House Event finden Sie hier.
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