„Es ist Ihnen gelungen, einige sehr intelligente Menschen zu versammeln. Machen Sie etwas daraus!“ – Michail Chodorkowski in einer Botschaft an den Koordinierungsrat der russischen Opposition, 29. November 2012 Chodorkowski sendet Botschaft an den Koordinierungsrat der russischen Opposition Ende November wandte sich Michail Chodorkowski mit einer Nachricht an den Koordinierungsrat der russischen Opposition. Er bekräftigte noch einmal seine Sympathie für die Opposition, äußerte sich jedoch gleichzeitig besorgt angesichts von Streitigkeiten innerhalb des Koordinierungsrates sowie einzelner Aspekte seiner Ausrichtung. „Ich stand den Zielen, die sich die Organisatoren des Koordinierungsrates gesetzt haben, immer positiv gegenüber und tue das auch jetzt noch“, schrieb er. Er fügte jedoch hinzu, er sei „beunruhigt“ von Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Koordinierungsrates, die „die Grenzen einer respektvollen Debatte überschritten haben.“ Darüber hinaus formulierte Chodorkowski sieben Ratschläge für den Koordinierungsrat. Dabei ging es unter anderem darum, wie wichtig öffentliche Demonstrationen sind, dass man sich realistische Ziele setzen muss und dass Slogans einfach, kurz und knapp sein müssen. „Slogans dürfen nicht die Form von Thesen in einer Doktorarbeit annehmen“, erklärte er. Zu Wladimir Putin sagte Chodorkowski: „Man kann mich schwerlich zu den Anhängern dieses Politikers zählen“, und fügte aber hinzu: „Man kann nicht die Tatsache ignorieren, dass er an der Macht ist. Das wäre, gelinde gesagt, weltfremd.“ Die Botschaft kann hier auf Russisch gelesen werden. Eine englische Übersetzung finden Sie hier Forbes Russia interviewt Chodorkowski In der Novemberausgabe sprach Forbes Russia mit Michail Chodorkowski über die Entscheidung von BP, seinen Anteil am russischen Joint-Venture TNK-BP zu verkaufen und stattdessen Großaktionär des mehrheitlich staatlichen Unternehmens Rosneft zu werden. Der Unternehmenswert von Rosneft umfasst hauptsächlich illegal erlangte Vermögenswerte, die Chodorkowskis früherem Unternehmen Yukos gehörten. Chodorkowski merkte an, dass der Chef von Rosneft „pseudo-legale Gewalt als vollkommen natürliches Mittel zur Lösung seiner Aufgaben betrachtet.“ Das verheißt nichts Gutes für BP, sollten in Zukunft einmal Probleme auftreten. Vor diesem Hintergrund sagte Chodorkowski: „Ich wünsche Herrn Dudley viel Glück. Er wird es brauchen.“ Allgemein danach gefragt, was er angesichts der brutalen Entwicklung des russischen Staatskapitalismus von BPs Entscheidung halte, sich mit Rosneft zu verbünden, sagte Chodorkowski: „Wenn Sie bei Themen wie Korruption, Umwelt und Menschenrechten usw. etwas ‚flexibler‘ sind, warum sollten Sie dann nicht ‚spielen‘?“ Das vollständige Interview steht hier auf Englisch zur Verfügung US-Repräsentantenhaus und US Senat verabschieden Magnitski-Gesetz Im vergangenen November verabschiedete das US-Repräsentantenhaus eine Gesetzesvorlage, die den „Sergei Magnitsky Rule of Law Accountability Act“ enthielt. Der Entwurf fand bei beiden Parteien breite Unterstützung. Am 6. Dezember nahm der Senat das Gesetz ebenfalls an. Das nach dem in einem russischen Gefängnis zu Tode gekommenen Sergej Magnitski benannte Gesetz sieht die Einfrierung von Vermögen und Einreiseverbote für russische Beamte vor, die gegen die Menschenrechte verstoßen haben. Der Gesetzesentwurf erwähnt auch Chodorkowski und andere Opfer politischen Unrechts. Mit dem Magnitski-Gesetz sollen die schwerwiegendsten Verstöße gegen Menschenrechte vermieden oder geahndet werden, die in Russland geschehen sind, ohne dass die Täter dafür zur Rechenschaft gezogen werden. The New Republic veröffentlichte einen umfassenden Bericht über die Entstehung und Entwicklung dieser Gesetzesvorlage. Bill Browder, dem größten Befürworter, sei ein kleines Wunder gelungen: Er nutzte, „die Spannung zwischen dem Wunsch des Kongresses, bei Menschenrechten schnell und einfach Punkte zu sammeln, und einem Weißen Haus, das seine Außenpolitik gerne selbst gestaltet … (und) schloss einen guten Handel ab: Das Weiße Haus wollte Russland in seinem Begehren unterstützen, der WTO beizutreten. Dazu mussten die USA das veraltete Jackson-Vanik-Amendment aus dem Jahr 1974 aufheben, das der Sowjetunion den Status der ‚Meistbegünstigung‘ verweigerte.“ Browder und seine Verbündeten „haben die Aufhebung des Jackson-Vanik-Amendment mit der Verabschiedung des Sergei Magnitsky Rule of Law Accountability Act verknüpft. Dieses Gesetz verbietet Beamten, die in den Tod von Magnitski verwickelt waren, sowie anderen Menschenrechtsverletzern die Einreise in die USA; außerdem wird ihr Vermögen eingefroren.“ Lesen Sie hier die Originalfassung und das detaillierte Abstimmungsergebnis Staatsanwaltschaft legt erneut Berufung gegen vorzeitige Haftentlassung von Lebedew ein Chodorkowskis früherer Geschäftspartner Platon Lebedew, der gemeinsam mit ihm verurteilt wurde, sitzt seine Haftstrafe in der nordrussischen Stadt Welsk ab. Im August entschied ein Gericht in Welsk, dass Lebedew gemäß veränderter Rechtslage in Russland im März 2013 freikommen sollte. Damit wäre seine dreizehnjährige Haftstrafe um mehr als drei Jahre verkürzt worden. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts aus Welsk ein. Im September kam ein regionales Gericht in Archangelsk in höherer Instanz dem Antrag der Staatsanwaltschaft nach, machte die vermeintlich „extrem milde“ Verkürzung der Haftstrafe Lebedews rückgängig und verwies den Fall zur erneuten Prüfung an die untere Instanz. Das Gericht in Welsk bestätigte im November seine Ansicht, dass Lebedew die Voraussetzungen für eine vorzeitige Haftentlassung erfülle. Dieses Mal entschied das Gericht, dass er im Juli 2013 freikommen sollte. Allerdings ging die Staatsanwaltschaft auch dieses Mal innerhalb der dafür vorgesehenen zehntägigen Frist in Berufung. Sie betrachtet die Entscheidung des Gerichts weiter als „übermäßige Verkürzung“ der Haftstrafe. Die Entscheidung über die eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft gegen die vorzeitige Haftentlassung Lebedews wird für Dezember erwartet. Sie könnte einen Präzedenzfall für eine Entscheidung über einen möglichen ähnlichen Antrag von Chodorkowski schaffen. Hier und hier wird über Lebedews Kampf für vorzeitige Haftentlassung berichtet Resolution des Deutschen Bundestags – Abgeordnete sorgen sich um Demokratie und Menschenrechte in Russland Der Deutsche Bundestag verabschiedete eine Resolution, in der er sich besorgt über die Menschenrechtslage und Demokratie in Russland zeigte. Die Resolution führt verschiedene Beispiele an, darunter die Gerichtsverfahren gegen Chodorkowski und den Fall von Vassili Alexanian, ehemaliger leitender Angestellter bei Yukos. Er starb, nachdem ihm im Gefängnis medizinische Versorgung verweigert wurde. Der Bundestag forderte die Bundesregierung auf, Moskau dazu zu drängen, diese Fälle zu untersuchen. Außerdem sollten sie bei den anstehenden deutsch-russischen Regierungskonsultationen Fragen einer Systemreform ansprechen. Mit besonderer Sorge stellte der Bundestag fest, dass in Russland seit dem erneuten Amtsantritt von Präsident Wladimir Putin ein konfrontativer Kurs gegenüber Regierungskritikern gefahren wird. Mehr Informationen zur Resolution des Deutschen Bundestags finden Sie hier Pawel Chodorkowski spricht über die russische Opposition und den Fall seines Vaters Michail Chodorkowskis Sohn Pawel Chodorkowski gab Karel’skaya Guberniya, einer Zeitung aus der Region Karelien, wo sein Vater in Haft sitzt, im November ein offenes Interview. Er sprach über die Grenzen der russischen Opposition und darüber, wie wichtig es sei, jetzt auf die in diesem Jahr erzielten Fortschritte aufzubauen. In diesem Zusammenhang sagte Pawel Chodorkowski: „Der Hauptgrund, warum [die Regierungspartei] Einiges Russland bei Wahlen immer noch wahnsinnig hohe Prozentzahlen einfährt, ist die Tatsache, dass die Menschen, die die Kompetenz der Machthaber anzweifeln, ebenso die Fähigkeiten der Opposition in Frage stellen.“ Nach Meinung von Pawel Chodorkowski verfolgt Wladimir Putin mit dem Fall seines Vaters „zwei ganz konkrete Ziele“: „Zum einen soll mein Vater hinter Gittern bleiben, solange er an der Macht ist, um zu verhindern, dass seine Person der Oppositionsbewegung zu Aufschwung verhelfen könnte. Und zum anderen will er ein Schuldeingeständnis von ihm ... Das wird er von meinem Vater niemals bekommen.“ Der Sohn berichtete außerdem, dass sein Vater zwar stets ein sehr starker Mensch war und das immer noch ist; zehn harte Jahre hätten jedoch auch eine weiche Seite an ihm offenbart. Das vollständige Interview finden Sie hier Ebenfalls im November schrieb Pawel Chodorkowski in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung, die größte deutsche Tageszeitung: Es „liegt an Putin selbst, die westliche Kritik, über die er sich öffentlich aufregt, zum Schweigen zu bringen.“ Würde zu diesem Zweck sein Vater freigelassen, wäre das ein Schritt, um „Russlands internationales Ansehen zu erhöhen, seine Märkte für ausländische Investoren attraktiv zu machen und zu zeigen, dass es Russland ernst mit Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechten meint.“ Den vollständigen Gastbeitrag finden Sie hier Der Tod von Boris Strugazki Im November verstarb der berühmte russische Schriftsteller Boris Strugazki. Michail Chodorkowski widmete seinem Lieblingsautor, mit dem er vom Gefängnis aus einen Briefwechsel unterhielt, die folgenden Worte: „Ich trauere um den geschätzten Schriftsteller Boris Strugazki. Mein aufrichtiges Beileid gilt seiner Familie. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich die Aufmerksamkeit und Unterstützung von ihm und seinen Freunden gewinnen durfte und sogar Briefe erhalten habe. Die visionären Werke der Strugazki-Brüder haben in meinem Leben und im Leben vieler anderer Menschen eine große Rolle gespielt. Ruhen Sie in Frieden, Boris Natanowitsch.“ Mehr Informationen über den Schriftwechsel zwischen Chodorkowski und Strugazki aus dem Jahr 2008 finden Sie hier |