Freitag, 31. August 2012

August 2012 - Neuigkeiten aus dem Chodorkowski-Kommunikationszentrum


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AUGUST 2012

„Geben Sie Ihren Kampf nicht auf. Bleiben Sie Ihren Prinzipien treu.” – Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zu Chodorkowski

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Chodorkowski: Der persönliche Feind Putins
In einem Exklusivinterview in der Welt am Sonntag und dem französischen Philosophie Magazin, sprach Michail Chodorkowski über den „russischen Frühling“, Perspektiven für Europa und die Umstände seiner Inhaftierung.
Russlands Oberstes Gericht ordnet Prüfung des Berufungsverfahrens an
Wie der Pressesprecher des Obersten Gerichts Russlands mitteilte, hat der Vorsitzende Richter, Wjatscheslaw Lebedew, die Ablehnung eines Einspruchs von Chodorkowski und seines früheren Geschäftspartners Platon Lebedews vom Mai 2012 durch einen anderen Richter des Obersten Gerichts gekippt. Chodorkowski und Lebedew hatten vor dem Obersten Gericht gegen die Ablehnung ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung und die 13-jährige Haftstrafe durch das Moskauer Stadtgericht im Mai 2011 geklagt. Das Oberste Gericht hat nun ein Nachprüfungsverfahren angeordnet und dieses trotz der Bedenken der Verteidigung Chodorkowskis erneut an das Moskauer Stadtgericht überwiesen, statt den Fall selbst zu überprüfen.
Chodorkowskis Anwälte zeigten sich vorsichtig optimistisch und merkten an, dass die Überprüfung ein erster Schritt in Richtung Gerechtigkeit sein könnte, die Erfahrung aber gezeigt habe, dass es sich dabei auch um eine juristische Manipulation durch die Behörden handeln könne, deren wahrer Hintergrund noch gar nicht abzusehen sei.
Auch im Fall von Platon Lebedew gibt es Entwicklungen: das Amtsgericht der Region Archangelsk verhandelt am 7. August Lebedews Antrag auf Strafminderung. Da Lebedew und Chodorkowski seit ihrer Verhaftung 2003 Mitangeklagte im selben Verfahren sind, lässt der Umgang mit Lebedews Antrag unter Umständen auch erahnen, wie mit Chodorkowski umgegangen werden wird.
Menschenrechte in Russland
Die Menschenrechtssituation in Russland sorgte auch im Juli wieder für Schlagzeilen, als Präsident Wladimir Putin ein Gesetz zur strengeren Kontrolle von NGOs unterzeichnete. Das neue Gesetz verlangt, dass NGOs sich als „Auslandsagenten“ registrieren sowie sich härteren Finanzkontrollen und Überwachungsregeln unterwerfen. Die Maßnahmen schaffen die Basis für die Kontrolle von NGOs und könnten ein Hinweis auf ein repressives Vorgehen gegen die immer noch im Entstehen begriffene Zivilgesellschaft in Russland sein. Lew Ponomarjow, der Leiter der russischen NGO Für Menschenrechte, kündigte an, dass seine Organisation sich weigern würde, dem neuen Gesetz Folge zu leisten. „Wir werden niemals [ausländische] Agenten sein und wir werden uns nicht an dieses Gesetz halten. Wir sind Agenten der russischen Bürger. Wir werden auch weiterhin ausländische Zuschüsse erhalten und offen darüber sprechen.“
Vor diesem Hintergrund geriet auch die Arbeit des russisches Präsidialrats für Zivilgesellschaft und Menschenrechte einmal mehr in Stocken als die 84-jährige Ljudmila Alexejewa, eine der berühmtesten russischen Menschenrechtsaktivistinnen, aus dem Rat austrat. Laut einem Interview mit Reuters war sie, als sie Putin im Jahr 2002 zum ersten Mal traf, beeindruckt von seiner Bereitschaft, den Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, die sich für die Menschenrechte engagieren. Jetzt habe sie aber das Gefühl, dass er nicht mehr zuhört. Ihre Amtsniederlegung war die jüngste in einer Reihe von Rücktritten prominenter Persönlichkeiten aus dem Rat, um gegen die Rückkehr Putins in den Kreml zu protestieren.
Währenddessen sorgte die Untersuchungshaft der Punkband Pussy Riot für Schlagzeilen, da die Anhörung der drei Frauen im Chamowniki-Gericht eröffnet wurde, wo auch Chodorkowskis zweites Verfahren stattfand.
Aus aller Welt
Kurz bevor Russland im August der Welthandelsorganisation beitritt, hat der US-Gesetzgeber Russlands permanent normal trade relations (PNTR)-Status aktualisiert und damit das Jackson-Vanik-Amendment von 1974, ein Relikt des Kalten Krieges, das PNTR aufgrund von Menschenrechtsfragen verhindert hatte, aufgehoben. Allerdings war die Aufnahme der amerikanisch-russischen Handelsbeziehungen aufgrund anhaltender Besorgnis über die Menschenrechtsverstöße in Russland verzögert worden, und der US-Gesetzgeber hatte gefordert, den liberalisierten Handel mit Russland mit dem Magnitsky Act zu verknüpfen. Das Gesetz ist nach Sergej Magnitzky benannt, dem russischen Anti-Korruptionsanwalt, der gefoltert wurde und 2009 in Polizeigewahrsam starb. Es soll dazu dienen, die russischen Beamten, die in Menschenrechtsverletzungen involviert sind, zu bestrafen. Russische Beamte, die in andere tragische Fälle verwickelt sind, wie beispielsweise dem Tod von Vassilij Alexanian, ehemaliger Vizepräsident von Yukos, der im Jahr 2006 verhaftet, unter unmenschlichen Bedingungen in Untersuchungshaft gehalten und dem vor seinem Tod im Oktober 2011 medizinische Behandlung versagt wurde, könnten mit der Verabschiedung des Gesetzes auch ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

Inzwischen hat der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments den ersten Entwurf eines Berichts von Kristiina Ojuland über EU-Sanktionen gegen die im Fall Magnitzky beteiligten russischen Beamten sowie über andere schwere Menschenrechtsverletzungen auf Basis gut dokumentierter und unabhängiger Quellen angenommen. Ziel des Berichts ist es, Visa-Beschränkungen für russische Beamte, die am Tod Magnitzkys beteiligt waren, zu etablieren. Zudem wird in dem Bericht der Rat aufgefordert „eine kohärente und proaktive Haltung gegenüber anderen schweren Menschenrechtsverletzungen in Russland einzunehmen, auf Basis gut dokumentierter, konvergierender und unabhängiger Quellen, und ähnlich restriktive Maßnahmen für die Täter einzuführen“.
Im Vereinigten Königreich hat die Menschenrechtskommission der Conservatives ihren neuesten Bericht „Profis in der Schusslinie: Ein Bericht über Verletzungen der Menschenrechte Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer, Geschäftsleute und andere Fachleute rund um die Welt betreffend“ veröffentlicht. In dem Bericht wird die Aussicht begrüßt, dass denjenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, in Zukunft Visa verweigert werden können.